Unconscious Bias

Unconscious Bias sind Denkroutinen. Sie bilden verhaltenswirksame Tendenzen in der Beurteilung von Menschen, die auf unbewusste Wahrnehmungs- und Lernmechanismen zurückgehen. Das Gehirn nutzt sie zur Verarbeitung, um kognitive Ressourcen zu sparen. Mit dem Ergebnis, dass bei den Verarbeitungsprozessen die schnellen Zuordnungen die eigenen Denkmuster – Vorurteile – verstärken und den Blick auf Neues oder Unbekanntes verschleiern.

Zusammenfassung

Unconscious Bias sind Denkroutinen. Sie bilden verhaltenswirksame Tendenzen in der Beurteilung von Menschen, die auf unbewusste Wahrnehmungs- und Lernmechanismen zurückgehen. Das Gehirn nutzt sie zur Verarbeitung, um kognitive Ressourcen zu sparen. Mit dem Ergebnis, dass bei den Verarbeitungsprozessen die schnellen Zuordnungen die eigenen Denkmuster – Vorurteile – verstärken und den Blick auf Neues oder Unbekanntes verschleiern. Unconscious Bias lassen sich nicht einfach abschalten. Wie jede Routine sind auch „Denkroutinen“ ein Energiesparsystem des Körpers. Sie zu erkennen und zu überwinden ist ebenso herausfordernd, wie die Überwindung von Handlungsroutinen. Das Gehirn will die Bestätigung seiner Denkmuster. Das heißt auch, dass das Leben und Arbeiten in homogenen Gruppen einfacher ist.

Zielsetzung

Unconscious Bias als wirkungsvolle Hindernisse in der Umsetzung von Diversity-Zielen erkennen, verstehen und überwinden.

Im Detail

Unconscious Bias haben eine große Wirkung, die in Ihrer Bedeutung häufig unterschätzt werden. Tagtäglich führt dieses Phänomen dazu, dass Menschen nicht nach ihren Fähigkeiten beurteilt und so wertvolle Potenziale übersehen werden – mit enormen gesellschaftlichen wie auch wirtschaftlichen Folgen.

„Während Unconscious Bias im Alltag unvermeidbar und harmlos erscheinen, verursachen sie im beruflichen Kontext Probleme (…). Wertvolle Fähigkeiten können übersehen werden, weil sie neben vermeintlich prägnanten Merkmalen einer Person in den Hintergrund rücken und der routinierten, schablonenhaften Wahrnehmung schlichtweg entgehen. Die Folge ist, dass einem Unternehmen Kompetenzen verloren gehen, die zur Steigerung von Innovation, Produktivität und Profit beitragen könnten – und das langfristig.“ (Michael Kimmel: Weshalb Unsonscious Bias auch Männern schaden – und den Unternehmen, für die sie arbeiten.[1]

Der Begriff Bias kommt aus dem Englischen und beschreibt kognitive Verzerrungen, wie z.B. automatische Stereotype und andere fehlerhafte Neigungen bei der Wahrnehmung, Erinnerung und Beurteilung. Biases treten meist unbewusst (= Unconscious Bias) auf.

Kognitive Verzerrung (englisch cognitive bias oder cognitive illusions) ist ein kognitionspsychologischer Sammelbegriff für systematische fehlerhafte Neigungen beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen. Sie bleiben meist unbewusst und basieren auf kognitiven Heuristiken.

Stereotype bezeichnen das unvollständige Wissen über bestimmte soziale Gruppen, wie z.B. Frauen, Männer, Ältere, Ausländer*innen, Lesben oder Schwule, Behinderte usw. Stereotype sind relativ emotionslose, neutrale Erwartungen und Vorstellungen, wie sich Mitglieder von Gruppen verhalten, wie sie aussehen und sich kleiden oder welche Fähigkeiten sie haben – z.B. Alte sind weise, Schwule sind kreativ oder Afrikaner*innen laufen schneller.

Vorurteile sind im Vergleich zu Stereotypen mit Emotionen behaftet. Es sind persönliche negative und positive Bewertungen gegenüber Mitgliedern von bestimmten sozialen Gruppen. Wenn wir Stereotypen Glauben schenken, werden sie zu Vorurteilen.

Unconscious Bias sind biologische Pfade, die tief in unserem Gehirn verankert sind. Sie entstehen durch unsere Sozialisationsprozesse. Es ist wie bei den Routinen: Sobald ein Muster verankert ist, fallen wir immer wieder in dieses Muster zurück und verstärken es damit. Wir sehen in Gedanken eher Männer in Führungsrollen, wir haben eher eine Präferenz für Personen aus unserem eigenen Kulturkreis als für andere. Dies ist nicht mit Sexismus beziehungsweise Rassismus zu verwechseln, auch wenn sich dies vielleicht so zu manifestieren scheint. Es sind lediglich unsere Erfahrungen, die sich in unseren Gehirnen vernetzt haben, um schnelle und effiziente Entscheidungen zu treffen – zumindest aus der Sicht des Gehirns. Dies ist der größte Einfluss auf Diversitätsthemen: Es sind die biologischen Verschaltungen, gegen die wir ankämpfen. Es sind keine simplen psychologischen Auseinandersetzungen, die mit Lernen oder etwas Bildung ausgehebelt werden können. Einen Unconscious Bias zu ändern, ist viel komplexer – wir verändern dabei Pfade in unseren Gehirnen. Dies ist für ein Individuum schwer, innerhalb einer Unternehmenskultur herausfordernd und für eine gesamte Bevölkerung dürfen die damit einhergehenden Herausforderungen nicht unterschätzt werden (siehe auch die aktuellen Hintergrundinformationen zur Diskriminierung in den USA).[2]

Beispiele

Managerinnen hinterfragen eigene Überzeugungen und Handlungen selbstkritischer als Männer. Das kann auch als weniger selbstbewusstes und entschlossenes Verhalten ausgelegt werden.

Klarheit und konsequentes Handeln – entscheidend für Führungskräfte – doch unweiblich?! Ein Paradoxon: Während bei Männern Stärke und Durchsetzungskraft bewundert werden, werden Frauen, die ähnlich handeln, skeptisch bewertet – selbst von ihren Geschlechtsgenossinnen.

Frauen haben Respekt vor der Macht. Frau und Macht – immer noch ein Wortpaar, was irritiert. Frauen in Führungspositionen haben eher das Gefühl, sich Macht kontinuierlich verdienen zu müssen. Erkennbar zum Beispiel daran, dass bei – vielen – Frauen, die Stimme höher wird (Zeichen für geringe Dominanzansprüche), wenn sie mit „relevanteren“ Menschen sprechen.

Empathie – gefragt – aber eigentlich doch nicht. Studien vermuten in Frauen das empathischere Geschlecht. Ein Vorteil? Im Gegenteil Empathie wird heute zwar von jeder Führungskraft erwartet. Doch unbewusste Rollenmuster erwarten eher Klarheit, Konsequenz und durchgreifende Härte von Führungskräften, insbesondere in herausfordernden Zeiten. Und so wird Empathie zum Malus.

Allein die Erfahrung, dass im Sekretariat immer eine Frau sitzt, bildet eine verallgemeinernde Routine über die Rolle von Frauen.


[1]        In: Charta der Vielfalt: VIELFALT ERKENNEN – Strategien für einen sensiblen Umgang mit unbewussten Vorurteilen)

[2]        Es gibt dazu eine Liste von 125 Unconscious Bias: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_cognitive_biases

Literatur

DEFIONITIONEN: „Anti-Bias: Info-Plattform zu Forschungen über und Strategien gegen unbewusste Vorurteile (Unconscious Biases)“. Zugegriffen 7. Oktober 2020. https://www.anti-bias.eu/.

Charta der Vielfalt e.V. „Vielfalt erkennen. Strategien für einen sensiblen Umgang mit unbewussten Vorurteilen.“ Zugegriffen 7. Oktober 2020. https://www.charta-der-vielfalt.de/fileadmin/user_upload/Studien_Publikationen_Charta/Vielfalt_erkennen_BF.pdf.

„Getting to Equal 2019: Kultur der Gleichstellung treibt Innovation am Arbeitsplatz“. Zugegriffen 7. Oktober 2020. https://www.accenture.com/de-de/about/inclusion-diversity/_acnmedia/Thought-Leadership-Assets/PDF-2/Accenture-Equality-Equals-Innovation-Gender-Equality-Research-Report-IWD-2019-DE.pdf.

Kunath, Katharina. „‚Ich habe als Dolmetscherin gearbeitet und wurde für die Putzfrau gehalten‘“. Die Welt, 16. April 2020. https://www.welt.de/icon/iconista/article207276527/Unconscious-Bias-Wie-unbewusste-Vorurteile-das-Leben-beeinflussen.html.

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